Rückblick auf Arbeit der Schwestern in Hochfeld

Ein weiterer Bericht der WAZ blickt auf die sozial-pastorale Arbeit der Hiltruper Schwestern in Hochfeld zurück.


Emotionaler Rückblick: Abschied der Schwestern aus Hochfeld

 Schwester Martina lud Passanten aus Hochfeld oft ein, das Sozialzentrum zu besuchen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)
Schwester Martina lud Passanten aus Hochfeld oft ein, das Sozialzentrum zu besuchen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)

Nach 25 Jahren ziehen sich Schwester Martina und ihre Mit-Schwester aus St. Peter in Duisburg-Hochfeld zurück. So geht es für sie nun weiter.

Von Fabienne Piepiora


Die Couch wurde schon abgeholt, die Ordner in dem Büro von Schwester Martina sind leer. „Aber es bleiben von unserer Arbeit ja nicht nur leere Ordner übrig, hoffe ich“, sagt die Ordensfrau, als sie noch ein letztes Mal durch das Sozialzentrum St. Peter an der Brückenstraße in Duisburg-Hochfeld geht. Die große Abschiedsfeier hat bereits stattgefunden. Die Nachfolger beginnen am 1. August mit ihrer Arbeit. Sie werden in große Fußstapfen treten.

25 Jahre haben die Schwestern in dem Stadtteil gewirkt. 1997 eröffnete die Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu von Hiltrup die Außenstelle in Hochfeld. Man wollte nah an den Leuten sein. Das waren Schwester Martina, Schwester Stephani, Schwester Agnes und später Schwester Monika immer. Wenn sie im Stadtteil wirkten, wurden sie auf der Straße als Ordensfrauen erkannt, ganz ohne Ornat und Häubchen. Schwester Monika ist nach der Verabschiedung samt interreligiöser Feier bereits nach Münster-Hiltrup ins Mutterhaus umgezogen. Schwester Martina folgt in den nächsten Tagen. Sie musste etwa noch ein paar praktische Dinge klären, etwa, wer für welche Räume einen Schlüssel braucht.

 Schwester Martina lud Passanten aus Hochfeld oft ein, das Sozialzentrum zu besuchen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)
Schwester Martina lud Passanten aus Hochfeld oft ein, das Sozialzentrum zu besuchen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)

Sozial-pastorale Arbeit der Schwestern in Duisburg-Hochfeld war immer nah an den Menschen

Die sozial-pastorale Arbeit des Trios war zupackend und lebensnah. „In diesem Raum haben wir während Corona eine Spiel- und Lerngruppe eingerichtet. Ich bin auf die Schulleiterin der Brückenstraße zugegangen und habe gefragt, wie wir helfen können. Homeschooling in beengten Wohnungen funktioniert einfach nicht“, beschreibt Schwester Martina. Sie gründeten kleine Gruppen, in denen die Jungen und Mädchen zum Lernen ins Sozialzentrum kommen konnten. Anschließend konnten die Kinder frei spielen. In anderen Fällen fanden in den Jahren Sprachkurse für zugewanderte Mütter und Väter an der Brückenstraße statt, damit sie sich besser verständigen konnten.

Schwester Martina weiß, wie wichtig es ist, die Sprache des jeweiligen Landes zu können. Bevor sie 2001 nach Duisburg kam, besuchte die heute 68-Jährige ihre Mitschwestern in ihren Einsatzgebieten. Eines war in Namibia. Mit Englisch kam sie auf der Straße eigentlich gut klar, doch eines Nachmittags saß sie mit Einheimischen zusammen, die sich nur in der Bantusprache Oshiwambo unterhielten. „Ich habe mich so ausgegrenzt und nicht willkommen gefühlt. Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, auch auf Gesten zu achten, wenn Leute die Sprache nicht verstehen.“ Und so stand sie manchmal auf der Brückenstraße und lud Passanten, Flüchtlinge und Zuwanderer ein, die Angebote von St. Peter zu nutzen.

Auf dem Gelände ist neben der Tafel auch eine Schulmaterialkammer und das Kommunale Integrationszentrum untergebracht. „Als man sich in den 2000er Jahren überlegte, wie man die Kirche weiter nutzen wollte, kam die Idee, das Sozialzentrum einzurichten, weil hier schon so viele Einrichtungen angesiedelt waren.“ Im Hinterhof befand sich zudem eine kleine Wohnung, die den Schwestern als Rückzugsort diente.

Sr. Martina mit ihrer Kollegin Sr. Stephani. Die eine hat die Koffer gepackt, Schwester Stephani hat sich eine neue Bleibe in Hochfeld gesucht. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)
Sr. Martina mit ihrer Kollegin Sr. Stephani. Die eine hat die Koffer gepackt, Schwester Stephani hat sich eine neue Bleibe in Hochfeld gesucht. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)

Kontemplation und Sozialarbeit: Jede Schwester hat ihren Schwerpunkt

Jede hatte einen anderen Schwerpunkt. Schwester Monika, die vor einigen Jahren aus Südamerika dazu kam, saß oft am Empfang und begrüßte die Besucher des Sozialzentrums. Schwester Stephani baute eine Laiengemeinschaft auf und bot Tage der Stille und Kontemplation an. Das Angebot hatte viele Fans, lange bevor es auf Instagram schick wurde, sich um sich selbst zu kümmern.

Die gelernte Krankenschwester organisierte zunächst nach dem Mauerfall Hilfstransporte nach Rumänien, lebte dann einige Zeit in dem Land, bevor sie schließlich zunächst nach Walsum zog und dort wirkte. „In Hochfeld ist es schon anders. Die Menschen sind toll, aber an den Müll musste ich mich erst gewöhnen“, gibt sie zu. „Wir sind alle unterschiedliche Charaktere, aber wer uns traf, wusste, dass wir hier zusammenleben“, betont Schwester Martina.

Die 68-Jährige ist eine der jüngeren Ordensfrauen. Als sie irgendwann gefragt wurde, ob sie mit einem Team als Vollzeit-Rätin mit die Leitung des Orden übernehmen könnte, musste sie erst einmal in sich gehen. „Es war klar, dass ich auf Dauer nicht beides machen kann. Man kann nicht halb hier und dort sein. Ich habe in mich hinein gehört und dann aus vollem Herzen ,Ja’ gesagt. Aber ich wollte erst nach Münster, als die Nachfolge geregelt war.“


Neue Lebensabschnitte beginnen

Die Reaktionen rührten sie dennoch an. Eine Frau, die sie lange begleitet hatte, wollte mit anderen protestieren und einen Brief an die Ordensleitung schreiben, damit sie doch in Hochfeld bleiben darf. Eine andere Frauengruppe, die sich regelmäßig trifft, stellte in Frage, was denn noch bestehen bleiben wird, wenn die Schwestern nicht mehr da sind. „Ich fand ganz schön, dass eine dann sagte: ,Wir treffen uns ja, um uns zu sehen. Das können wir ja weiter machen.’“ Das schönste Kompliment machte ihnen aber eine Muslima. Sie sagte: „Ihr seid das beste Beispiel dafür, dass Glaube und Religion nicht trennen, sondern verbinden.“ Bei diesen Worten wurde auch Schwester Martina ein bisschen sentimental.

In den vergangenen Monaten gab es also viele kleine Abschiede – und eine Entscheidung von Schwester Stephani. Die 84-Jährige fühlt sich noch nicht bereit fürs Altersheim. Sie bat die Ordensleitung deshalb darum, in Hochfeld bleiben zu können und weiterhin ihre Kontemplationsangebote zu machen. So etwas gab es in der Geschichte des Ordens noch nie.

Nicht jede hat den Schritt verstanden. Doch sie fühlt sich gut mit dieser Perspektive und hat über Kontakte ein kleines Appartement gefunden. „Richtig schnuckelig“, sagt sie lächelnd. Die Möbel nimmt sie mit. Das Regal, ein Massiv-Holz-Liebhaberstück, das sie seit den 1980er Jahren besitzt, musste etwas gestutzt werden, damit es unter die Schrägen passt. Künftig will sie weiterhin beispielsweise Tage der Stille anbieten. So bleibt ein bisschen von dem Spirit der Ordensschwestern in Hochfeld erhalten.

(aus: waz.de, 28.06.23)


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