Liebe Pfarrangehörige,
es war mir in meinem priesterlichen Dienst immer von großer Wichtigkeit, welchen Namen die Kirchen tragen, in denen ich tätig sein durfte. Jede Gemeinde und jeder, der in ihr Dienst tut, ist herausgefordert, sich mit dem Namen, mit dem Patrozinium, auseinanderzusetzen. Jeder Name einer Kirche und einer Gemeinde verbindet sich mit einer Botschaft, der sich eine Gemeinde besonders stellen sollte, die das Gemeindeleben auch spirituell prägen könnte.
Die Stadt Duisburg trägt im Siegel den Salvator, den Namen der ältesten, heute evangelischen Kirche Alt-Duisburgs. Auch auf dem Siegel des Stadtdechanten ist der „Salvator Mundi“, der Retter der Welt, abgebildet. Eine Salvatorstatue steht ebenfalls im Katholischen Stadthaus. Sie ist einer Salvatorfigur nachgestaltet, die früher in der Salvatorkirche stand und sich seit der Reformationszeit in Nievenheim befindet.
Zu Recht sind unsere evangelischen Schwestern und Brüder stolz auf ihre Salvatorkirche, in der mit der Generalsynode 1610 ein bedeutendes Kapitel evangelischer Kirchengeschichte geschrieben wurde. Auf dieser Synode wurde die synodale und presbyteriale Verfassung, das Zusammenwirken von Laien und Theologen, beschlossen.
Doch verbindet der Name „Salvator“ alle Christen Duisburgs. Gemeinsam bekennen wir Jesus Christus als unseren Retter und Herrn, gemeinsam feiern wir an Weihnachten die Geburt des Salvators. Als Heiland und Retter verpflichtet er uns zur Ökumene: „Alle sollen eins sein“ (Joh 17, 21).
Im Schatten dieser wunderschönen Kirche befindet sich die nun älteste katholische Kirche unserer Pfarrei Liebfrauen. Sie gab eigentlich unserer Pfarre den Namen, denn sie trug ursprünglich den Namen Liebfrauen. Jetzt heißt dieses altehrwürdige Gotteshaus als Karmelkirche „Mutter vom Guten Rat“.
Sie wurde von den Minoriten, den Minderbrüdern des hl. Franziskus gebaut, die 1265 nach Duisburg kamen und bald darauf ein Kloster und eine Kirche errichteten, die 1272 geweiht wurde. Diese Kirche wurde zur Mutter aller Kirchen unserer Pfarrei. Im 19. Jahrhundert wurde die Liebfrauenkirche zu einer großen neugotischen Kirche umgebaut. Nach der Zerstörung durch den Zweiten Weltkrieg hat sie ungefähr wieder die Ausmaße der alten Minoritenkirche.
Wieder überragt nun die Salvatorkirche die jetzige Karmelkirche. Das Gotteshaus der Mutter vom Guten Rat aber weist im Schatten der Kirche, die dem Retter und Heiland geweiht ist, auf ihn hin: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).
Den Namen „Liebfrauen“ trägt heute die Citykirche am König-Heinrich-Platz: Anbetungs- und Beichtkirche, Begegnungsort, unter dem Namen „das Portal“ Stätte der Citypastoral in der Innenstadt und Ort für Kult und Kultur in der Trägerschaft der Stiftung „Brennender Dornbusch“. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, dieses Wort Martin Bubers macht diese Kirche jeden Tag neu erfahrbar.
Unweit der beiden Kirchen, die der Gottesmutter geweiht sind, befindet sich am Dellplatz die Kirche, die ihrem Bräutigam, dem hl. Joseph geweiht ist. Er, den die Hl. Schrift einen Gerechten nennt, sorgte für das Kind und seine Mutter, ließ sich gehorsam und vertrauend auf Gottes Wort ein, das ihm durch den Engel gesagt wurde.
Mit der Gründung der Großpfarrei Liebfrauen ist die Josephskirche unsere Pfarrkirche geworden. Eine Stadt, die als Hafen- und Industriestadt von schwer arbeitenden Menschen geprägt war und ist, braucht den Schutz des Patrons der Arbeit, des hl. Joseph. Deshalb ist es gut, dass die Pfarrkirche seinen Namen trägt.
Durch den Erzengel St. Gabriel erfuhr Maria die frohe Botschaft, dass sie die Mutter des Gottessohnes werden soll. Eine der Gemeindekirchen Neudorfs ist dem Boten Gottes geweiht, der die Menschwerdung Gottes ankündet, dieses geheimnisvolle, unfassbare Geschehen, an das wir mit dem Angelusläuten immer wieder erinnert werden.
Nicht weit entfernt liegt die Kirche St. Anna. Leider musste sie geschlossen werden und wartet auf eine andere Nutzung. Doch bleibt ihr Name, der uns sagt, dass Maria eingebunden ist in die Geschichte Israels. Jude, Jüdin ist, wer von einer jüdischen Frau geboren wird: Das Bild der sog. Anna Selbdritt dürfte uns nie vergessen machen, dass das Christentum der aufgepfropfte Zweig auf dem edlen Ölbaum des Volkes Israel ist.
Diesem Volk haben wir den Glauben an den einen Gott, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zu verdanken. Die „Zehn Gebote“ gehören zuerst Israel, und dankbar dürfen auch wir diese Worte, diese Wegweisung Gottes in die Freiheit, übernehmen, weil auch Jesus sie nicht aufheben, sondern erfüllen wollte (vgl. Mt 5,17).
Das erste Gebot ist Zusage und Verheißung: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, dem Sklavenhaus. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben“ (Ex 20,2 f.). Für den einen Gott steht der andere Erzengel ein, dessen Name eine unserer Gemeindekirchen trägt: „St. Michael“ in Wanheimerort: Michael lautet aus dem Hebräischen übersetzt: „Wer ist wie Gott?“
In diesen Tage gedenken wir der Geburt des Herrn, doch schon in Betlehem deutet sich das Schicksal des Kindes an: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11).
Draußen vor der Stadt wurde er geboren, draußen vor der Stadt wird er gekreuzigt. Noch steht uns die weitere Kirche in Neuenkamp zur Verfügung, die als Namen das Zeichen unseres Heils trägt: „Heilig Kreuz“: Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.
Das Kreuz ist der Thron des Christus König: „Es herrschet Gott vom Holz herab“ (Gl 834, 3. Str.). Als der auferstandene Herr ist er zur Rechten des Vaters erhöht und herrscht als König. Am Ende der Zeit wird er als Richter und König wiederkommen. Daran erinnert die Gemeindekirche in Hochfeld „Christus König“.
St. Peter, der erste der Apostel, gesandt die frohe Botschaft in die Welt zu tragen, gab einer ebenfalls weiteren Kirche in Hochfeld den Namen. Diese Kirche soll in Zukunft als sozial-karitatives Zentrum den Schwachen, Notleidenden und Armen durch konkrete Hilfe Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit erfahrbar machen.
Drei Kirchen tragen Namen von Glaubensboten, die uns dankbar werden lassen für die frohe Botschaft, die sie in unserem Land, in unserer Heimat weitergegeben haben:
Der hl. Bonifatius, Patron der Kirche in Hochfeld, gilt zu Recht als Apostel der Deutschen, hat er doch in seinem unermüdlichen Wirken durch Gründung von Klöstern und Bistümern in Deutschland das Fundament zu einem christlichen Land gelegt.
Der hl. Ludger, dem eine Gemeindekirche in Neudorf geweiht ist, hat das Werk des hl. Bonifatius besonders bei den Sachsen fortgesetzt. Sein von ihm gegründetes Bistum Münster war bis zur Gründung des Bistums Essen im Jahre 1958 auch unser Bistum. Im nächsten Jahr begehen wir voller Dankbarkeit den 1200. Todestag des hl. Ludger und pilgern zu seinem Grab in Essen-Werden.
Zur Erneuerung des katholischen Glaubens trug wesentlich der zweite Apostel Deutschlands, der hl. Jesuitenpater Petrus Canisius bei, der nicht so weit von Duisburg entfernt in Nijmegen geboren wurde. In Wanheimerort steht die ihm geweihte Kirche.
Petrus, Bonifatius, Ludger und Petrus Canisius fordern uns heraus, auch heute in unserer Stadt missionarisch tätig zu sein und zur Erneuerung unseres Glaubens durch ein glaubwürdiges Zeugnis unseren Beitrag zu leisten.
Den pastoralen Herausforderungen einer immer mehr säkularen Großstadt stellte sich der hl. Klemens Maria Hofbauer, der Apostel Wiens. Citypastoral kann von ihm lernen und wichtige Impulse erfahren. Auch wenn die Klemens-Maria-Hofbauer-Kirche in Kaßlerfeld abgerissen wird, wollen wir mit der Hl. Klemens-Maria-Hofbauer-Krypta der Pfarrkirche St. Joseph auch weiterhin das Gedächtnis an diesen Heiligen und die ihm geweihte Kirche festhalten.
Gleichzeitig werden wir in St. Joseph an einen Glaubenszeugen und Märtyrer unserer Zeit, nämlich Gottfried Könzgen, in einer Gedenkkapelle erinnern.
Duisburg steht vor großen sozialen Herausforderungen. Die hl. Elisabeth, Patronin der Kirche in Duissern, mahnt uns als Heilige der Nächstenliebe immer neu, die Armen, Kranken, Fremden und Ausgegrenzten nicht aus dem Blick zu verlieren. „Was ihr einer oder einem meiner geringsten Schwestern und Brüder getan habt, habt ihr mir getan.“
Die hl. Elisabeth wirkte aus dem Geist des hl. Franziskus. Es waren die Minderbrüder des hl. Franz, die die katholische Kirche in Duisburg lebendig hielten. Es gilt ihr Vermächtnis weiterzutragen, in einer säkularen Stadt immer wieder neu Menschen mit dem menschgewordenen Gottessohn in Berührung zu bringen, Gottes Güte und Menschenfreundlichkeit erfahrbar zu machen.
Ihr Pfarrer
Bernhard Lücking
(aus dem Weihnachtsgruß 2008)