RP-Gespräch mit Stadtdechant Andreas Brocke

Erst im Dezember wurde Andreas Brocke als Pfarrer der Pfarrei Liebfrauen eingeführt. Nun ist er auch noch Pfarradministrator in St. Judas Thaddäus und kommissarischer Stadtdechant. Die Rheinische Post hat mit ihm gesprochen.


„Ich schaffe das alles aber nicht alleine“

Duisburgs Kommissarischer Stadtdechant im Katholischen Stadthaus am Wieberplatz. (RP-Foto: Christoph Reichwein)
Duisburgs Kommissarischer Stadtdechant im Katholischen Stadthaus am Wieberplatz. (RP-Foto: Christoph Reichwein)

Erst vor wenigen Monaten wurde Andreas Brocke neuer Pfarrer der Großgemeinde Liebfrauen. Nun ist er Kommissarischer Dechant, nachdem Roland Winkelmann wie berichtet freigestellt wurde. Was der neuen Mann nun plant.

Von Peter Klucken


Nach der Freistellung von Roland Winkelmann wurde Andreas Brocke zusätzlich Administrator der Süd-Pfarrei Sankt Judas Thaddäus und zugleich kommissarischer Stadtdechant. Eigentlich wollte Brocke, der zuletzt eine Pfarrstelle im Kölner Süden innehatte, wie schon früher in einer großen Innenstadtpfarrei arbeiten. Deshalb hatte er sich im vergangenen Jahr auf die Pfarrstelle Liebfrauen beworben, die durch den Wegzug von Pfarrer Christian Schulte frei geworden war.

Am 1. Dezember 2022 trat Andreas Brocke sein neues Amt in Duisburg an. Damals konnte er nicht damit rechnen, dass seine ohnehin große Aufgabe kurze Zeit später nochmals enorm anwachsen würde. Wie berichtet, wurde Roland Winkelmann, Pfarrer der Südpfarrei Judas Thaddäus und zugleich Stadtdechant, von seinen Aufgaben wegen „grenzverletzendem Verhalten“ freigestellt.

Zugleich bat Bischof Franz-Josef Overbeck den gerade installierten Liebfrauen-Pfarrer, Winkelmanns Amt zu übernehmen. Seit einigen Wochen ist der 53-jährige Andreas Brocke nun Pfarrer von Liebfrauen, Administrator der Süd-Pfarrei St. Judas Thaddäus und kommissarischer Stadtdechant und damit vorerst Repräsentant der katholischen Kirche in Duisburg. Eine Mammutaufgabe!

„Ich schaffe das alles aber nicht alleine!“, sagt Brocke im RP-Gespräch, das wir zu Beginn der Karwoche im katholischen Stadthaus führen konnten. Das Arbeiten im Team sei für ihn als Pfarrer Wunsch und Selbstverständlichkeit zugleich. Deshalb sei er froh, dass schon bald die Leitung der Innenstadtpfarrei Liebfrauen auf zwei, möglichst sogar auf drei Personen aufgeteilt werden soll. Eine entsprechende Stellenausschreibung für „Pfarrbeaufragte (m/w/d) im Team in der Pfarrei Liebfrauen in Duisburg“ hat das Bistum Essen in diesen Tagen herausgegeben. Anstellungsbeginn ist danach der 1. Juli.

Den Schock, den viele Duisburger Katholiken wegen der Freistellung des bisherigen Stadtdechanten empfinden, kann Brocke natürlich nachvollziehen. Grundsätzlich finde er es gut, dass Menschen sehr genau auf das schauen, was Geistliche tun. Die Sensibilität sei in den vergangenen Jahren gewachsen. Das sei richtig. Kein Mensch dürfe mit unerwünschter Nähe bedrängt werden. Wobei Brocke darauf hinweist, dass Wachsamkeit und Misstrauen nicht das Gleiche seien.

Er sei überzeugt, dass die Botschaft, die von den Kirchen verkündet wird, bedeutsam ist. Seine Hauptaufgabe sieht Brocke deshalb darin, den Menschen zu zeigen, dass Kirche relevant, dass sie für unser Leben wichtig ist. Dieses Anliegen müsse von der Kirche aber auch praktisch umgesetzt werden. „Damit wir als Kirchenvertreter das leisten können, müssen wir Kooperationspartner suchen. Im Team gelingt vieles besser“, sagt er. Kooperationspartner könnten dabei nicht nur Mitglieder der evangelischen Kirche sein, sondern auch die Stadt, Vereine und Vereinigungen, sozial engagierte Menschen im allgemeinen oder auch Bürgerinitiativen, deren Ziele mit denen von Christen übereinstimmen.

Als Pfarrer möchte Brocke dazu beitragen, dass sich Menschen in ihren Gemeinden wohlfühlen. Genau das sei auch der Impuls gewesen, der ihn zum Theologiestudium, das er in Bonn und Freiburg absolvierte, bewegt habe. Im Grunde sei er aber erst während des Studiums zur festen Überzeugung gekommen, dass ‚Pastor einer Gemeinde‘ für ihn genau das Richtige sei.

Dass er einmal Stadtdechant von Duisburg werden würde, habe er bei seiner Priesterweihe 1997 natürlich nicht ahnen können. Aber damals sei ihm schon klar gewesen, dass die katholische Kirche in Deutschland in ihren hergebrachten Strukturen nicht mehr dauerhaft bestehen bleiben könne, dass immer mehr Gemeinden sich zu größeren Einheiten zusammenschließen müssen; so, wie es jetzt mit der Schaffung der Großgemeinden wie Liebfrauen und Sankt Judas Thaddäus geschehen sei. Um so wichtiger ist nach Brockes Überzeugung, dass die so genannten Laien in den Gemeinden wichtige Aufgaben übernehmen. So wie es zum Beispiel in den Gemeinden St. Ludger in Neudorf oder St. Dionysius in Mündelheim schon jetzt geschehe.

In seiner Funktion als Pastor möchte Brocke zu einer „Geh-hin-Struktur“ der Kirche beitragen. Eine gewisse Einheit in der katholischen Kirche sei gewiss nötig. Doch das schließe Vielfältigkeit nicht aus. „Es muss möglich sein, dass unsere Kirche sowohl für die Rosenkranz-Litanei als auch für das politische Nachtgebet offen ist“, so der gebürtige Hildener, der Duisburg schon seit Kindertagen kennt. Unter anderem durch seine Zoobesuche mit den Eltern.

Beim RP-Gespräch hatte Andreas Brocke die Predigten, die er in verschiedenen Gemeinden an den Ostertagen halten wird, noch nicht vorbereitet. Aber er hatte Ideen. Zum einen möchte er die frohe Botschaft aufgreifen, dass Gott das Leben will und dass die Liebe den Tod überwindet. Zum anderen möchte er am Ostermontag die biblische Emmaus-Geschichte aufgreifen in dem Sinne, dass wir im christlichen Glauben einen gemeinsamen Weg gehen und uns freuen sollen, wenn auch andere auf diesem Weg dazu kommen. Aber dafür, so Andreas Brocke, müssten wir Offenheit auch als Tugend begreifen.

(Quelle: rp-online.de, 07.04.23)


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