Die Neudorfer Gemeinde St. Ludger wird seit 2022 von einem ehrenamtlichen Leitungsteam geleitet. Die WAZ stellt das Team und seine Arbeit vor.
Wie Ehrenamtliche die Duisburger Gemeinde St. Ludger leiten
Die Zahl der Kirchenmitglieder in Duisburg geht zurück. Deshalb geht die Gemeinde St. Ludger in Neudorf neue Wege. Ehrenamtler haben neue Ideen.
Von Fabienne Piepiora
Die katholische Pfarrei Liebfrauen in Duisburg-Mitte muss sich neu erfinden. Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses sind in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Kirchenstandorte
aufgegeben worden. Und weil die Zahl der Gläubigen kontinuierlich zurück geht, wurden auch Stellen abgebaut. Nicht an jedem Standort ist noch ein Priester präsent. „Der Weggang von Pastor
Christian Schulte hat uns vor neue Herausforderungen gestellt“, erinnert sich Heike Bühn. Zwar gibt es mit Pfarrer Brocke einen Nachfolger, der sogar in Neudorf wohnt, doch Brocke ist
gleichermaßen in allen sechs Gemeinden der Pfarrei präsent.
Um dennoch ein Angebot vor Ort zu machen, gehen Heike Bühn, Tobias Wegerhof, Alexander Tietze und Ralf Spickers in St. Ludger in Neudorf neue Wege. Die Vier haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Gemeinde ehrenamtlich zu leiten. Sie sind überzeugt, dass Kirche auch in heutigen Zeiten relevante Antworten geben kann und leisten deshalb Pionierarbeit im Bistum Essen.
Für viele Duisburg-Neudorfer ist die Kirche St. Ludger ein Bezugspunkt
„Für viele Neudorfer steht die Kirche mitten auf dem Ludgeriplatz, aber sie trauen sich nicht über die Schwelle“, erklärt Alexander Tietze. Der Lehrer hat die klassische Kirchenkarriere hinter sich, hat sich bereits als Jugendlicher engagiert, war Messdiener, wurde in St. Ludger getauft und sorgt nun für die Kirchenmusik. „Das ist in meinem Freundeskreis etwas besonderes, aber es wird akzeptiert“, erklärt der 34-Jährige. Seine Motivation: Er möchte Menschen auch in schwierigen Zeiten mit Gott in Berührung bringen.
Ralf Spickers ist gewissermaßen ein „Spätberufener“: Früher war er mal evangelisch, dann trat er aus der Kirche aus und fand dann den Weg zurück zu den Katholiken. Er sprach den damaligen Pastor von St. Elisabeth in Duissern an, der ihn und Tobias Wegerhof fortan wöchentlich einlud, um sich mit ihm über Gott, die Welt und die Bibel auseinander zu setzen. „Manchmal haben wir das, was wir an so einem Mittwochabend besprochen haben, im Sonntagsgottesdienst wieder erkannt“, sagt der 55-Jährige. Alexander Tietze findet, dass die Kirche den heutigen Themen „mit mehr Offenheit, Toleranz und Selbstreflexion“ begegnen müsse, damit die Menschen wieder mehr über ihren Glauben und die Kirche sprechen.
Es stellen sich Inhaltliche und ganz praktische Fragen
Heike Bühn ist in Neudorf aufgewachsen, ging in St. Ludger zur Kommunion, hat hier geheiratet und ist seit vielen Jahren aktiv. Die Personalreferentin glaubt, dass die Botschaft Jesu auch heute noch aktuell ist. „Wir haben uns erst einmal gefragt, was unsere Vision ist und wohin wir uns als Gemeinde entwickeln wollen.“ Nicht für alle war es schließlich einfach, dass nun Laien Verantwortung übernehmen. Das Quartett ist legitimiert durch den Pfarrgemeinderat und versucht den Spagat zwischen neuen Ideen und guten Traditionen, die bewahrt werden sollen.
Neben inhaltlichen Fragen mussten auch ganz praktische geklärt werden. Wer bekommt einen Schlüssel für die Kirche? Wer putzt eigentlich das Gotteshaus? Bis zu welcher Summe kann der ehrenamtliche Vorstand selbst entscheiden, wofür Geld ausgegeben wird? Die Mails werden wochenweise im Wechsel bearbeitet – jeder von ihnen hat schließlich einen anspruchsvollen Job. Dennoch kommen bei jedem mehrere Stunden für das Ehrenamt zusammen.
An jedem 1. Freitag im Monat gibt’s eine Sprechstunde
Einmal im Monat, am ersten Freitag, bieten die Ehrenamtler eine Sprechstunde an. Dann können Gemeindemitglieder vorbeikommen, Fragen stellen oder Vorschläge machen. Aber auch andere, die sich rund um den Ludgeriplatz engagieren, nutzen die Gelegenheit zum Austausch. So steht Heike Bühn beispielsweise in Kontakt mit Jessica Paeßens vom Stadtexperiment.
Um sich für den Stadtteil zu öffnen und neue Interessierte für die Arbeit von St. Ludger zu gewinnen, veranstaltet die Gemeinde regelmäßig so genannte Jahreszeiten-Feste. Dabei werden zum Beispiel Themen und Tage des Kirchenjahres aufgegriffen. Am 18. März findet im Anschluss an die Vorabendmesse ein Fisch-Essen als Fastenbrechen statt. „Wir begrüßen die Leute natürlich, verzichten aber bewusst auf eine Impuls-Ansprache. Wir wollen die Leute nicht missionieren“, beschreibt Alexander Tietze.
Der mit Abstand best besuchteste Abend im vergangenen Jahr war der Elsässer Abend mit Zwiebelkuchen und Wein. „Da sind wir mit dem Zwiebelkuchen gerade so hingekommen und mussten in Sachen Wein Nachschub ordern“, erinnert sich Heike Bühn. Klar, dass auch diese Zusammenkunft wiederholt wird und für den 9 September im Kalender steht. Am 3. Juni gibt es zudem ein Grillfest hinter der Kirche und am 16. Dezember soll ein Adventssingen veranstaltet werden.
Der neue Pfarrer ist von so viel Engagement übrigens begeistert. Kurz nach seinem Antritt, sagt er: „In der Pfarrei ist ganz viel Leben. Es gibt viele unterschiedliche Schwerpunkte und viel Energie, Gemeinde zu gestalten. Das ist schön, denn die Menschen in den Gemeinden sind das Fundament.“
Kalender und Kontakt
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Die Kirchengemeinde beteiligt sich an der Vernetzung rund um den Ludgeriplatz und hat einen Teil ihres Schaukastens zur Verfügung gestellt. Dort werden nun einmal im Monat die neuen Termine, darunter etwa Kulturelles, angeschlagen. Die Kalenderblätter im Kasten werden an jedem ersten Freitag im Monat getauscht.
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Wer Fragen oder Ideen hat, kann sich an das Team von St. Ludger via Mail wenden: team.st-ludger@pfarrei-liebfrauen-duisburg.de. Der nächste Sprechstundentermin findet am Freitag, 3. März, um 16.30 Uhr statt.
(aus: waz.de, 02.03.23)