Pfr. Andreas Brocke im Interview

Seit Anfang Dezember ist Andreas Brocke neuer Pfarrer der Pfarrei Liebfrauen. Die WAZ sprach mit ihm über erste Eindrücke und wie Kirche wieder für Menschen interessant werden soll.


Wie Pfarrer Andreas Brocke Kirche in Duisburg gestalten will

Pfarrer Andreas Brocke bei seiner Amtseinführung in der Kirche St. Joseph am Duisburger Dellplatz. An seinen ersten Duisburg-Besuch als Kind hat er positive Erinnerungen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)
Pfarrer Andreas Brocke bei seiner Amtseinführung in der Kirche St. Joseph am Duisburger Dellplatz. An seinen ersten Duisburg-Besuch als Kind hat er positive Erinnerungen. (WAZ-Foto: Stefan Arend / FUNKE Foto Services)

Andreas Brocke ist der neue Pfarrer für Liebfrauen. Ein Gespräch über erste Eindrücke und wie Kirche (wieder) für Menschen relevant werden soll.

Von Fabienne Piepiora


Andreas Brocke ist der „Neue“ in der Pfarrei Liebfrauen. Am 4. Dezember ist er mit einem Festgottesdienst in der Kirche St. Joseph in sein Amt eingeführt worden; zuvor hat er 19 Jahre lang als Priester in Köln gearbeitet. Duisburg ist dem gebürtigen Hildener nicht ganz fremd. Die Großmutter mütterlicherseits wohnte früher in Mülheim-Mintard und sein erster Zoo-Besuch führte ihn schon als Kind nach Duisburg.

Nachdem sein Vorgänger, Pfarrer Christian Schulte, sich vor einem Jahr verabschiedete, machte ein Bekannter Andreas Brocke auf die Stelle aufmerksam. Der 52-Jährige befand nach reiflicher Überlegung, dass es an der Zeit sei, noch einmal etwas Neues zu wagen.

In Duisburg beginnt sein Dienst nun in einer Phase des Pfarrei-Entwicklungsplanes, in dem sich die Gemeinden und Kirchenmitglieder neu finden und überlegen müssen, wie sie künftig ihre Arbeit gestalten wollen, um für die Gesellschaft relevant zu bleiben. Denn, da ist sich der Pfarrer sicher, Hoffnung ist in Zeiten der Krise wichtiger denn je – und die Kirche halte wichtige Botschaften für die Menschen bereit. Im Gespräch erklärt Brocke, wie sein erster Eindruck von Duisburg und der Pfarrei Liebfrauen ist, warum er damals Theologie studierte – und wie er die Weihnachtsfeiertage verbringt.

Wie waren Ihre ersten Tage in Duisburg?

Gut. Ich habe in den vergangenen Wochen viele Menschen kennengelernt, die sich engagieren. In der Pfarrei ist ganz viel Leben. Es gibt viele unterschiedliche Schwerpunkte und viel Energie, Gemeinde zu gestalten. Das ist schön, denn die Menschen in den Gemeinden sind das Fundament.


Pfarrer Brocke: „Ich habe in Duisburg ganz viele Menschen kennengelernt. In der Pfarrei ist ganz viel Leben“


In den vergangenen Jahren wurden bereits Kirchen geschlossen. Haben Sie keine Trauer erlebt?

Sicherlich gibt es einige, die traurig sind über die Veränderungen der vergangenen Jahre. Für viele ist ihre Kirche, ihre Gemeinde Heimat. Andere begreifen die Situation als Chance, etwas neu zu gestalten. Vielleicht ist es etwas einfacher, wenn man neu von außen kommt. Da kann man anders nachfragen. Momentan verschaffe ich mir einen Überblick.


Ihr Vorgänger ist auch deshalb nach Bochum gegangen, weil er sich gewünscht hat, wieder stärker seelsorgerisch zu arbeiten. Die Leitung einer Pfarrei dieser Größenordnung ist auch eine Management-Aufgabe.

Beides würde ich nicht so strikt voneinander trennen. Wer sich engagiert, braucht Räume, das Team braucht Geld. Unsere Aufgabe ist es, dies zu ermöglichen. Es arbeiten rund zehn Pastoren, Gemeindereferentinnen und -referenten sowie Pastoralassistentinnen für Liebfrauen. Ich begreife die Leitung der Pfarrei als Gemeinschaftsaufgabe. Wir machen uns gemeinsam auf den Weg.


In Duisburg übernehmen Laien immer mehr Verantwortung, gestalten zum Beispiel auch Beerdigungen. Ist das der Weg der Zukunft?

Auf jeden Fall. Das ist im Endeffekt das, was ich selbst als Jugendlicher in der Gemeinde erfahren habe, als ich mich engagiert habe. Als Messdiener habe ich in jungen Jahren Verantwortung übernommen und Gott hat das Zutrauen in Menschen, die getauft sind, solche Aufgaben zu übernehmen.


Andreas Brocke studierte nach einem Mathe- und Physik-Leistungskurs lieber Theologie


Wenn Sie sich als Jugendlicher engagiert haben – war Ihnen schon früh klar, dass Sie Pfarrer werden wollen?

Ich hatte in der Schule die Leistungskurse Mathematik und Physik und hätte man meine Lehrer gefragt, dann hätten die wohl am wenigsten auf Theologie getippt. Das hat sich bei mir so entwickelt. Nach dem Abitur habe ich gemerkt, dass das mein Weg sein kann, und habe mich dann an der Uni eingeschrieben, mit dem Ziel, Priester zu werden. Bevor ich dann 1996 zum Diakon und 1997 zum Priester geweiht wurde, habe ich mir nochmal ein Jahr Zeit genommen, in dem ich beispielsweise in einer Firma gejobbt habe. Ich habe aber auch ein Praktikum in einer Gemeinde in Köln-Chorweiler gemacht, das mich dann bestärkt hat, den Weg zu gehen.


Welchen Stellenwert hatte Kirche damals, als Sie Ihre erste Stelle in den 1990er Jahren angetreten sind?

Sicherlich einen größeren. Kirche und Religion waren in der Gesellschaft mehr verankert und hatten eine andere Anerkennung. Dabei hatte Kirche sicherlich zu jeder Zeit ein gutes Angebot, kann den Menschen Impulse geben. Durch die vielen Skandale wie den schrecklichen Missbrauch ist das Wohlwollen gegenüber der Kirche geschwunden. Ziel muss es sein, wieder zu erklären, warum Kirche und Gemeinden lebensrelevant sind.


Sind Zeiten der Krise nicht eigentlich gute Zeiten für Kirche? Viele Menschen sind auf der Suche nach Sinn und Antworten.

Viele erleben Zeiten der Unsicherheit und nehmen die Begrenztheit des Friedens oder ihre eigene Begrenztheit wahr. Dabei sollte man sich vor Augen führen, dass man vor Gott durchaus Grenzen haben kann. Er liebt die Menschen nicht dafür, was sie leisten oder erreichen können, sondern schon vor alle dem, weil sie einmalige Menschen und Kinder Gottes sind.


Weihnachten haben Pfarrer immer viel zu tun. Wie verbringen Sie die Feiertage?

In den vergangenen Jahren hatte ich manchmal fünf Messen an einem Tag. Das ist diesmal weniger. Heiligabend habe ich um 18.30 Uhr einen Gottesdienst in St. Joseph und dann an den beiden Feiertagen jeweils einen. In diesem Jahr schaffe ich also, auch meine Familie an Weihnachten in Hilden zu besuchen.


Ähnlichkeiten zwischen Kölnern und Duisburgern? Beides sind Rheinländer!


Wie ist Ihr Eindruck – sind sich Kölner und Duisburger eigentlich ähnlich?

Na ja, es sind beides Rheinländer. Den Duisburger und den Leuten im Ruhrgebiet sagt man ja nach, dass sie ziemlich direkt sind. Die Kölner sollen ja immer gute Laune haben, aber eventuell etwas oberflächlicher sein. Ich hab in beiden Städten bisher solche und solche Erfahrungen gemacht. Ein wesentlicher Unterschied ist vielleicht, dass die Kirche in Köln eine sehr lange Tradition hat und beispielsweise auch im Karneval eine Rolle spielt. Andererseits, wenn man sich die Salvatorkirche anschaut, dann gibt es auch in Duisburg eine lange Verbindung zwischen Stadt und Kirche.


Haben Sie gute Vorsätze für 2023?

Keine bestimmten. Ich möchte erst einmal die Gemeindemitglieder besser kennenlernen, zuhören und mit meinem Team überlegen, wie sich die Pfarrei entwickeln könnte. Zum Glück sind wir bei diesem Prozess ja nicht alleine – der liebe Gott ist ja auch noch da.


(aus: waz.de, 22.12.22)


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