Pfarreientwicklungsprozess vor dem Abschluss

Alle Pfarreien im Bistum Essen waren aufgefordert, ein Zukunftskonzept für die Zeit bis 2030 zu erstellen. Nun müssen die Ergebnisse dieses Pfarreientwicklungsprozesses beim Bistum eingereicht werden. Die WAZ fasst den Stand in den vier Duisburger Pfarreien zusammen.


Abschied vom Kirchturmdenken in Duisburger Pfarreien

Von Rosali Kurtzbach

Der Pfarreientwicklungsprozess im Bistum Essen geht in die zweite Runde. Die ersten Konzepte stehen, auch das der Duisburger Pfarrei Liebfrauen.

Für Bischof Franz-Josef Overbeck ist klar: Die Gemeinden müssen sich vor dem Hintergrund immer weniger Kirchenmitgliedern und der demografischen Entwicklung von „überkommenen Formen kirchlichen Lebens“ lösen. Vor zwei Jahren hat er dazu den sogenannten „Pfarreientwicklungsprozess“ angestoßen, in dem sich die Gemeinden Zukunftskonzepte überlegen müssen. Die ersten verbindlichen Sparvorschläge müssen in diesen Tagen im Bischöflichen Generalvikariat in Essen eintrudeln, darunter eigentlich auch die der vier Duisburger Großpfarreien, auf die sich die rund 95 000 Duisburger Katholiken verteilen. Allerdings sind noch nicht alle Pfarreien soweit. Drei haben sich einen Aufschub von ein paar Wochen bzw. bis zum Sommer erbeten. Ihr Konzept abgegeben hat dagegen bereits die Großpfarrei Liebfrauen.

Was sich aber bereits abzeichnet: In allen vier Pfarreien wird es zu weiteren Kirchenschließungen bzw. einer Umfunktionierung von einzelnen Gotteshäusern kommen.

Gemeinden setzen Schwerpunkte

Welche Kirche darf bleiben, welche muss schließen – in den Gemeinden hat es durchaus kontroverse Diskussionen und Auseinandersetzungen gegeben, die noch längst nicht überall befriedet zu sein scheinen. Bischof Franz-Josef Overbeck hat jüngst demgegenüber noch einmal offensiv den Schrumpfungsprozess verteidigt: „Es gilt überkommenes Kirchturmdenken zu überwinden, das nur die eigene kleine Welt der jeweiligen Gemeinde sieht“, erklärte er in seiner Neujahrspredigt.

Worte, die in den Gemeinden angekommen sind. „Es ist sicher kein leichter Prozess“, sagt denn auch Markus Borzymski, Pastoralreferent der Großpfarrei St. Liebfrauen. Aber: „Wir wollten nur ungern was aufgeben. Uns war klar, dass wir die Belastung, die auf die sechs Gemeinden zukommen wird, gerecht verteilt wollen. Keine sollte besser dastehen, als die andere“, erklärt er den Wunsch. Ein bisschen habe es ihn selbst überrascht, wie konstruktiv die Gemeinden mitgemacht haben. Am Ende steht ein Konzept, in dem sich die Gemeinden Schwerpunkte setzen: Familie, Jugend, Spiritualität. Zwei Kirchen werden aufgeben: St. Michael in Wanheimerort und St. Elisabeth in Duissern. Nicht sofort. „Bis 2025 wird es dort noch weitergehen. Für die Zeit danach müssen wir uns aber was überlegen“, sagt Markus Borzymski. Er ist aber zuversichtlich, dass die Pfarrei mit ihrem Plan das große Ziel, bis 2030 einen ausgeglichenen Haushalt zu sichern, erreichen kann. Ein Ziel, an dem auch die anderen drei Großpfarreien arbeiten müssen.

„Wir haben zu lange auf großem Fuß gelebt“

„Wir haben zu lange auf großem Fuß gelebt und müssen jetzt reagieren“, resümiert Christa Scholten-Herbst, Vorsitzende des Kommunikationsausschusses der Pfarrei St. Michael Meiderich, im Gespräch mit der Redaktion. Am Sonntag stellte die Pfarrei den Gemeindemitgliedern ihr Pfarreientwicklungskonzept vor. Es ist noch nicht endgültig, soll aber mit möglichen Änderungen Ende Februar fertig sein. Fest steht allerdings, dass die Meidericher Pfarrei bis 2030 gut 50 Prozent einsparen muss, um die roten Zahlen im Haushalt zu tilgen.

Auch die beiden übrigen Großpfarreien St. Judas Thaddäus in Buchholz und Propsteipfarrei St. Johann in Alt-Hamborn werden um Einsparungen nicht umhin kommen.

Die Großpfarrei St. Michael Meiderich will versuchen, die Einsparungen durch eine Reduzierung der Kirchenstandorte und anderer pastoral genutzter Gebäude zu erreichen und erhofft sich davon die Senkung der Energie-, Betriebs- und Bauunterhaltungskosten sowie eine Einsparung von Personalkosten ohne betriebsbedingte Kündigungen. Laut Christa Scholten-Herbst seien die Kosten hoch: „Die Rückstellungen im Haushalt bilden das nicht ab.“ Die Gemeinde habe kein Geld etwa für sich abzeichnende Dachreparaturen an der Herz-Jesu-Kirche. So ist zu erwarten, dass die kleine historische Kirche nur noch bis 2020 für Gottesdienste genutzt und danach einer Umnutzung zugeführt beziehungsweise verkauft wird.

St. Laurentius-Kirche wird verkauft

Das Gemeindehaus von Herz Jesu soll bis 2025 verkauft werden. In dieser Gemeinde ist Christa Scholten-Herbst als Gemeindereferentin tätig. Zurzeit wohnt sie mit ihrer Familie im Pfarrhaus: „Ich weiß noch nicht, was dann wird. Wir werden wohl noch ein bisschen hier wohnen bleiben dürfen.“ Ebenfalls verkauft werden sollen die Kirche St. Laurentius (bis 2030) und das dazugehörige Gemeindeheim (bis 2025) sowie die Kirche St. Bernhard (Nutzung bis 2024).

In den letzten Zügen ist die Großpfarrei St. Judas Thaddäus in Buchholz mit der Ausarbeitung des Konzeptes. Pfarrer Roland Winkelmann: „Wir haben noch Zeit bis Ende Februar bekommen und werden es auch in der Zeit schaffen.“ Es müssen noch die Gremien entscheiden. Bis 2025 sollen 35 Prozent und bis 2030 insgesamt 41 Prozent eingespart werden. Pfarrer Winkelmann: „Das geht nicht über Briefmarken und Briefumschläge.“ Auch St. Judas Thaddäus wird im Bereich der Immobilien tätig werden.

Viele Gemeindemitglieder sind traurig, aber ...

Den Abgabetermin 30. Juni hat der Bischof der Propsteipfarrei St. Johann Alt-Hamborn genehmigt. Wie Petra Cruse, Gemeindereferentin und Leiterin der Koordinierungsgruppe, erklärt, waren in 2015 die Pfarreien St. Norbert und St. Johannes auf Beschluss des Bischofs zusammengeschlossen worden. Deshalb konnte die Propsteipfarrei erst 2016 mit dem Prozess beginnen. Mittlerweile seien die Ergebnisse der Arbeitskreise fertig und werden im April in der Pfarreiversammlung vorgestellt.

Einen ganzen Schritt weiter ist das die Pfarrei Liebfrauen. „Die Gemeinden haben sich früh auf den Prozess eingelassen“, sagt Pastoralreferent Markus Borzymski. Natürlich seien viele Gemeindemitglieder traurig, dass sich etwas verändert, womöglich ihre Kirche geschlossen oder umfunktioniert wird. Aber viele hätten auch gesagt, „Ich bin alt, wir müssen aber in die Zunkunft blicken.“

Mehr Präsenz in der Innenstadt

Und das heißt konkret: Die Gemeinden setzen Schwerpunkte. So stellt die Gemeinde St. Gabriel in Wanheimerort die Familienarbeit in den Fokus, die Gemeinde St. Ludger in Duissern, die ihre Kirche St. Elisabeth verlieren wird, konzentriert sich auf die Jugendarbeit. St. Christus König im Dellviertel hat bereits ein Sozialzentrum, zu dem die Kirche St. Peter umgebaut wurde, und die Karmelkirche will einen Schwerpunkt auf die Spiritualität legen. Die St. Bonifatius-Kirche will die Koptisch-Orthodoxe Gemeinde weiter bespielen. Gespräche darüber laufen derzeit. Zudem will die Pfarrei in der Innenstadt präsenter werden und dazu ein Ladenlokal anmieten. Während andere Pfarreien im Bistum Essen noch an Konzepten feilen, geht die Liebfrauen-Pfarrei dazu über, die ihres umzusetzen – auch wenn Bischoff Franz-Josef Overbeck noch seinen offiziellen Segen geben muss. Das soll aber bis zum Sommer passieren. Und so investiere man bereits in die Substanz der Kirchen, die erhalten bleiben.

(aus: waz.de, 25.01.18)

Wie sieht das Kirchenleben im Bistum Essen in zehn Jahren aus? Die Duisburger Großpfarrei Liebfrauen hat ihr Konzept fertig. (WAZ-Foto: Friedhelm Geinowski)
Wie sieht das Kirchenleben im Bistum Essen in zehn Jahren aus? Die Duisburger Großpfarrei Liebfrauen hat ihr Konzept fertig. (WAZ-Foto: Friedhelm Geinowski)
Die Duisburger Karmelkirche will sich auf die Spiritualität konzentrieren. (Foto: WAZ)
Die Duisburger Karmelkirche will sich auf die Spiritualität konzentrieren. (Foto: WAZ)
Wie es in der St. Maximilian-Kirche in Ruhrort weitergeht ist noch offen. (Foto: WAZ)
Wie es in der St. Maximilian-Kirche in Ruhrort weitergeht ist noch offen. (Foto: WAZ)


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