Nach 45 Berufsjahren - seit 1992 in Christus König, davor in St. Ludger - wurde KiTa-Leiterin Christel Fingerle nun in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig wurden die umgebauten Räume der KiTa eingeweiht. Ein Bericht der WAZ.
Kita-Leiterin verabschiedet sich nach 45 Jahren
Als Kind besuchte Christel Fingerle den Kindergarten nur manchmal. Dafür begleitete sie als Erzieherin viele Familien über Generationen.
Von Fabienne Piepiora
Als kleines Kind war Christel Fingerle immer glücklich, wenn sie ihre Geschwister mal für eine Stunde in der Kindergarten begleiten durfte. Sie hatte eine Lungenkrankheit und musste deshalb zu Hause bleiben. „Ich habe schon früh gemerkt, dass ich mal mit Kindern arbeiten möchte.“ Eigentlich wollte der Vater, dass sie ins Büro der Firma einsteigt. „Aber da habe ich mich gewehrt.“
Viele Jungen und Mädchen hat sie in der Zwischenzeit groß werden sehen, bei einigen Familien mehrere Generationen begleitet. Zuletzt war sie Leiterin der Kindertagesstätte Christus König im Dellviertel. Nun verabschiedete sie sich nach 45 Jahren in den Ruhestand. Gleichzeitig wurde der Umbau der Einrichtung gefeiert. Die Kinder und Kollegen hatten ein Lied für sie gedichtet: „Christel feiert Abschied heut, feiert hier mit vielen Leut. Du warst immer für uns da, und das war ganz wunderbar.“
„Der Kindergarten war damals ganz anders.“ In St. Ludger in Neudorf, wo sie zunächst als Kinderpflegerin begann, betreute sie die Kleinen. Später machte sie parallel zum Beruf ihre Ausbildung zur Erzieherin. Schon damals gab es dort nämlich Jungen und Mädchen, die mit zwei Jahren in die Kita kamen. „Wir waren eine große Einrichtung, viele Eltern gingen arbeiten, aber die Öffnungszeiten waren noch ganz andere“, blickt die 63-Jährige zurück. Mittags wurden die meisten Kinder wieder abgeholt. Der Nachwuchs sollte auf die Schule vorbereitet werden, gemalt wurde beispielsweise mit Schablonen. „Es war etwas verkopft. Heute ist Bildung ganzheitlicher.“ Beim Spielen wird den Kinder vermittelt, was „mehr“ und „weniger“ heißt. So lernen sie schon ein bisschen Mathe ganz nebenbei.
Familien im Blick
Rund 30 Prozent der kleinen Besucher haben einen Migrationshintergrund. „Wir sind keine Problem-Einrichtung“, betont Christel Fingerle. Die meisten Eltern entscheiden sich bewusst für die Kita Christus König, weil sie mit zwei Gruppe zu den kleinen Einrichtungen gehört und sich die Kinder schneller eingewöhnen. Der katholische Glaube wird im Alltag gelebt, „wir machen die Kinder mit Gott und der Welt bekannt.“ So wird vor dem Essen gebetet, wichtige christliche Feste werden thematisiert und gefeiert. „Wir haben ein gutes Verhältnis zur Gemeinde und uns ist die Vermittlung von Werten wichtig. Das teilen auch die Eltern, die ihre Kinder zu uns bringen“, erklärt Christel Fingerle. Als zertifiziertes Familienzentrum haben sie und die Mitarbeiter allerdings die Gesamtsituation der Familien im Blick – und können gezielt Experten vermitteln, wenn es Schwierigkeiten gibt. „Das Familienleben hat sich verändert.“
Wenn sie nun in den Ruhestand geht und an ihre Nachfolgerin Andrea Neven übergibt, möchte sie erst einmal die Ruhe genießen. „Mein Mann und ich haben einen Garten, genießen die Natur und schwingen uns in jeder freien Minuten aufs Fahrrad.“ Wahrscheinlich wird sie sich in ihrer Freizeit als Vorlesepatin engagieren. Der Abschied fällt ihr dennoch ein bisschen schwer.
Umbau kostete 160.000 Euro
42 Jungen und Mädchen, davon sechs unter drei Jahren, besuchen die Einrichtung an der Karl-Jarres-Straße. Betreut werden sie von fünf Erzieherinnen. Mit zwei Gruppen ist die Kita eher klein. „Das schätzen die Eltern, weil sich die Kinder so schnell eingewöhnen und orientieren.“
In den vergangenen fünf Monaten wurde die Einrichtung umgebaut. „Jede Gruppe hat noch einen Ruheraum hinzubekommen“, erklärt Ursula Roosen, Abteilungsleiterin des Zweckverbandes des Bistums Essen. So sehen es die aktuellen Standards für Kindergärten vor. Die Kirchengemeinde hat den Kleinen und ihren Erzieherin in der Zwischenzeit den Pfarrsaal zur Verfügung gestellt. „Das war ganz toll. Alle anderen Gruppen sind extra für uns ausgewichen“, bedankt sich Christel Fingerle. Außerdem stellte die Gemeinde der Kita auch für den Umbau weitere Räume zur Verfügung. Insgesamt hat der Umbau 160.000 Euro gekostet.
„Wir haben eine Warteliste und könnten mehr Kinder aufnehmen“, weiß Christel Fingerle. Allerdings ist der Platz beschränkt – ein Anbau ist nicht möglich.
(aus: derwesten.de, 29.07.16)