150 Ehrenamtliche engagieren sich im „Unterstützungskreis Memelstraße“. Zu dessen Sprechern gehört auch Diakon Stephan Koch aus unserer Pfarrei, der Flüchtlingsbeauftragte der Stadtkirche. Berichte der Duisburger Lokalpresse.
Langeweile ist das größte Problem
Der ehrenamtliche „Unterstützungskreis Memelstraße“ sorgt für Abwechslung im Neudorfer Flüchtlingsheim an der Memelstraße. Die Unterstützer haben ehrgeizige Pläne.
Von Jan Luhrenberg
In der Flüchtlingsunterkunft an der Memelstraße in Neudorf warten 420 Flüchtlinge gespannt auf das Ergebnis ihres Asylverfahrens, darunter 60 Familien. „Die Obergrenze der Belegung ist erreicht“, erklärt Otmar Schuwerak, Leiter des Bezirksamtes Mitte. Zwar sei zum Beispiel in den Sozialräumen noch Platz für Betten - aber das sei nicht Sinn der Sache. Anstatt Sozialräume umzufunktionieren, plädieren Schuwerak und auch die Sprecher des „Unterstützungskreis Memelstraße“, Stephan Koch und Stefan Müller, dafür, diese Räume attraktiver zu machen. „Langeweile ist das größte Problem der Flüchtlinge in der Unterkunft“, sagt Stefan Müller. Die Bewohner bräuchten neben materiellen Zuwendungen und Beratungen dringend Ablenkung von ihren Sorgen und Nöten. Das will der „Unterstützungskreis Memelstraße“ erreichen. Er bietet acht Deutschkurse an, die in den Räumen von Schulen, der Universität und in den Sozialräumen der Unterkunft stattfinden. „Bis dato kommen 100 Bewohner zu den Kursen, vor allem Menschen, die keinen Anspruch auf die staatlichen Kurse haben. Der Bedarf ist sehr groß“, sagt Stefan Müller.
Er und seine rund 150 ehrenamtlichen Unterstützer organisieren auch kulturelle Angebote. Dank der Kooperation mit lokalen Vereinen können die Asylbewerber Fußball spielen. Wer mehr an Kultur interessiert ist, kann zum Beispiel Konzerte der Philharmoniker besuchen. Der Verein besorgt dafür Karten. Die Ehrenamtler begleiten die Flüchtlinge zu Behörden und geben ihnen Tipps und Ratschläge für das alltägliche Leben in Deutschland.
Der Unterstützungskreis hat längst eine eigene Kleiderkammer eingerichtet, untergebracht im St. Ludgerushaus. Weil das ehemalige Gemeindegebäude aber verkauft worden ist, wird derzeit nach einem anderen Standort Ausschau gehalten.
„Die Idee ist zwar noch ein wenig visionär. Aber wir möchten die neue Kleiderkammer gerne um eine Begegnungsstätte erweitern“, sagt Stephan Koch. Die Unterstützer sähen es gerne, wenn jedes Flüchtlingszimmer mit einem Fernseher ausgestattet wäre. Viele Geräte sind bereits gespendet worden, und es fehlen nur noch wenige, um diesen Plan am Ende auch realisieren zu können.
Am meisten interessiert seien die Flüchtlinge allerdings am Bearbeitungsstand ihres Asylverfahrens. Hier kann der Kreis kaum helfen. Um den Menschen allerdings den Weg ins Berufsleben zu ebnen, führen die Ehrenamtlichen immer wieder Gespräche - mit der Universität, mit Arbeitgebern und mit Berufsverbänden.
Was macht die Arbeit des Unterstützungskreises eigentlich so besonders? Für Stephan Koch ist es neben der großen ehrenamtlichen Hilfsbereitschaft vor allem die Tatsache, „dass es keine Konkurrenzsituation am runden Tisch“ gibt. Er ist eine Art Netzwerk für die Vereine, politischen Organisationen und alle anderen, die rund um die Einrichtung an der Memelstraße helfen wollen.
(aus: rp-online.de, 04.03.16)
Neudorfer Asyl: „Das größte Problem ist die Langeweile“
Zahlreiche Ehrenamtliche betreuen die 420 Flüchtlinge in Neudorf und machen Freizeit-Angebot. Aber: Beschäftigung, etwa in Form von Praktika, muss her.
Von Fabienne Piepiora
Rund 150 Ehrenamtliche kümmern sich in Neudorf um die 420 Bewohner des Asyls an der Memelstraße. Somit sind fast alle Betten belegt. Bis Ende des Jahres sollen noch einmal 200 zusätzliche Plätze eingerichtet werden. Die Unterkunft ist somit die größte städtische Einrichtung. „Die Bedingungen sind gut. Es sind meist vier Personen in einem Raum untergebracht. Auf jeder Etage gibt es Koch- und Waschmöglichkeiten“, beschreibt Ottmar Schuwerak, Leiter des Bezirksamt Mitte. Der Betrieb läuft ruhig.
Schon lange bevor die Einrichtung im ehemaligen Schulamt eröffnet wurde, formierte sich ein Unterstützerkreis. „Es ist Wahnsinn, was die Ehrenamtlichen auf die Beine stellen“, lobt Schuwerak, der die Arbeit mit koordiniert. Rund 20 Organisationen kümmern sich um die Flüchtlinge in Neudorf. Diese filtern beispielsweise Hilfsangebote. Einmal stand eine Organisation vor der Tür und wollte 50 Kinder abholen, um mit ihnen zu einem Indoor-Spielplatz zu fahren. Wer Angebote macht, muss sich aber erst einmal beim Unterstützerkreis vorstellen. Auch AKP-Anhänger baten mal um Einlass in der Einrichtung. Dem wolle man mit einer strengen Einlass-Politik einen Riegel vorschieben. Stadt plant mit dem Heim für die nächsten 15 Jahre.
„Die Flüchtlinge fallen im Stadtteil kaum auf“, beschreibt Stefan Müller, einer der beiden Sprecher des Unterstützerkreises. Die Ehrenamtlichen organisieren Sprachkurse, bieten Lauftreffs an, helfen in der Kleiderkammer mit und sammeln Fernseher ein. „Das größte Problem ist die Langeweile. Viele warten auf ihr Interview beim Amt, haben den ersten Sprachkurs gemacht. Nun wollen sie Beschäftigung“, weiß Stephan Koch, der andere Sprecher des Unterstützerkreises.
Er appelliert an die Industrie- und Handelskammer und die Betriebe, auch über mögliche Praktika-Angebote für Flüchtlinge nachzudenken. Zudem stehe man in Kontakt mit Fachbereichen der Universität. Demnächst gebe es erst einmal Ablenkung dank zahlreicher Fernseher-Spenden. In der Einrichtung gibt’s außerdem zwei Sozialräume, die sind allerdings nicht mit Spielzeug oder Kicker ausgestattet, sondern bieten sich eher für Sprachkurse an.
„Die Stadt plant mit dem Heim für die nächsten 15 Jahre. Langfristig brauchen wir eine Art Begegnungsstätte“, weiß Koch. Dort könnte dann auch die Kleiderkammer einziehen. Die befand sich bisher im Ludgeri-Haus, muss dort allerdings ausziehen. Derzeit suchen die Organisatoren händeringend einen neuen Standort. „Die Kleiderkammer ist für alle Bedürftigen geöffnet“, betont Schuwerak. In der Vergangenheit wurden aber vor allem Männerkleidung in kleineren Größen und Schuhe benötigt. Geplant sei auch ein Büro des Unterstützerkreises – als Anlaufstelle für die Ehrenamtlichen.
(aus: derwesten.de, 04.03.16)