Gottfried Könzgen

Gottfried Könzgen war ein Widersacher und Opfer der Nazis. In ihrer Serie „Bedeutende Duisburger Demokraten“ stellt die Rheinische Post den ehemaligen Duisburger KAB-Sekretär vor.


Kapelle für einen Duisburger Märtyrer

Gottfried Könzgen
Gottfried Könzgen

Von Elke Braun und Peter Klucken

Gottfried Könzgen, der ehemalige Duisburger KAB-Sekretär, war ein Widersacher und Opfer der Nazis. Eine Schule, eine Straße und die Gedenkkapelle in der St.-Joseph-Kirche am Dellplatz erinnern an ihn.

Es kommt nicht häufig vor, dass Vertreter der Politik, der Arbeitnehmer und der Kirchen einen Menschen gleichermaßen als „Vorbild“ bezeichnen. Gottfried Könzgen war so ein Mensch. In Duisburg, wo er seinen Lebensmittelpunkt hatte, sind nach Gottfried Könzgen eine Straße, eine Schule und seit einigen Jahren auch die Gedenkkapelle in der St.-Joseph-Kirche am Dellplatz benannt. Die Einweihung dieser Kapelle durch den ehemaligen Weihbischof Dr. Franz Grave führte dazu, dass dieser Mann, der von der katholischen Kirche offiziell als Märtyrer anerkannt ist und nach dem Willen der Katholischen Arbeitnehmerschaft (KAB) seliggesprochen werden sollte, wieder ein wenig mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurde.

Gottfried Könzgen, geboren 1886 in Mönchengladbach und verstorben (oder möglicherweise mit einer Giftspritze ermordet) am 15. März 1945 im KZ Mauthausen, war seit 1919 bis zu seiner letzten Verhaftung 1944 Arbeitersekretär der Katholischen Arbeiterbewegung in Duisburg. Sein Lebensmittelpunkt war dabei die Pfarrgemeinde St. Josef im Dellviertel. Dort wohnte er mit seiner Familie und war Mitglied des dortigen Arbeitervereins.

Charakterstärke zeigte er beispielsweise bei einer Konfrontation mit den damals noch recht neuen Nationalsozialisten im Juli 1935: Während eines Vortrags kam es dort zu einer Schlägerei zwischen HJ-Mitgliedern und den Besuchern bei der KAB St. Josef. Nicht nur Steine flogen, auch das Pfarrheim wurde demoliert. Um den damaligen Vorsitzenden, einen Mann mit großer Familie, zu schützen, übernahm Könzgen – selbst Vater zweier Kinder – auch noch dessen Amt, obwohl er kurz zuvor 108 Tage in „Schutzhaft“ verbringen musste.

Auch in den Folgejahren blieb er sich treu, und die Gestapo war oft ungebetener „Gast“ der Familie Könzgen, wie Sohn Edmund später plastisch schilderte. So passt es ins Bild, dass Könzgen zwar nicht dem engeren Kreis der Akteure vom 20. Juli 1944 angehörte, aber in Kontakt zu ihnen stand. Dies führte zu seiner letzten Inhaftierung. Männer wie Könzgen stellten eine Brücke dar; eine Brücke zwischen dem Widerstand von Teilen des gehobenen Bürgertums wie des Adels einerseits und des Widerstands der anderen Flügel der Arbeiterbewegung andererseits.

Geboren als drittes von sieben Kindern eines Webers lernte er schon früh den Existenzkampf einer Arbeiterfamilie kennen. In der katholischen Arbeiterbewegung fand er eine soziale und geistige Heimat. Könzgen war zielstrebig: Zunächst erlernte er wie sein Vater den Beruf des Webers; holte dann die Mittlere Reife und das Abitur nach. Anschließend war er drei Jahre „Gasthörer“ an der Universität Bonn in den Fächern Jura und Wirtschaftswissenschaften. Mit diesem Bildungsrüstzeug trat er 1919 das Amt des Arbeitersekretärs in Duisburg an. Für die Zentrums-Partei saß er ab 1925 im Provinziallandtag und ab 1929 in der Stadtverordnetenversammlung in Duisburg.

Seine Kraft zog er in all diesen Jahren aus seinem Glauben. Aus der Haft im August 1944 schrieb er an seinen Sohn Edmund: „Wir wollen betend die Hände erheben und bedenken, dass Leid Anteilnahme am Erlösungswerk Christ ist (...) Dann werden wir schon klar erkennen, dass gerade in der dunkelsten Nacht des Leidens uns am besten und schönsten die Sonne der göttlichen Liebe bestrahlt.“

Gottfried Könzgen hinterließ zwar ein beachtliches lokales Geschichtswerk, seine eigentliche Bedeutung für die Nachwelt liegt aber in seiner Lebensführung selbst. In der Gedenkkapelle der St.-Joseph-Kirche, dem Mittelpunkt von Könzgens einstiger Heimatgemeinde, wird die Erinnerung an ihn wach gehalten. Gestaltet wurde die Könzgen-Kapelle von der in Gelsenkirchen lebenden Bildhauerin Irmi Sellhorst, die sich seit Jahren künstlerisch mit Möglichkeiten des Gedenkens, besonders von Naziopfern, beschäftigt.

(aus: rp-online.de, 02.09.13)


Mit Gottfried Könzgen setzt die RP die Serie fort, in der bedeutende Duisburger Demokraten gewürdigt werden, die – unter zum Teil schwierigsten Bedingungen – humanitäre Werte stets hoch gehalten haben. Die Serie entsteht in Zusammenarbeit mit dem Verein „Gegen Vergessen - Für Demokratie“.

Elke Braun, die Koautorin dieses Artikels, ist Mitglied im Verein „Gegen Vergessen - Für Demokratie“.


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